Können wir uns ökologischen Landbau in Deutschland und Europa leisten? Dieser Frage stellte sich Professor Scheffer, ehemals Hochschullehrer an der Universität Kassel als Referent im Rahmen der Podiumsdiskussion „Ebstorfer Gespräche“ am Donnerstagabend, den 26. Januar in der Aula der Georgsanstalt in Ebstorf.
Die Antwort des Referenten war ein deutliches Ja. Scheffer setzte sich nicht nur für biologischen Landbau als Nahrungsgrundlage sondern auch für Energiepflanzenanbau auf ökologischer Basis ein.
Wir essen zu viel Fleisch
Nicht die Steigerung der Gesundheit der Bevölkerung soll die Motivation zum Ökoanbau sein („Wie alt wollen wir noch werden!) sondern die Erhaltung der Artenvielfalt unserer Kulturlandschaft. Diese nimmt nämlich seit 50 Jahren immer mehr ab.
Scheffers Szenario einer regionalen Energieversorgung, die ca. 30% der Anbaufläche Deutschlands umfassen müsste setzt aber Änderungen im Konsumverhalten der Bevölkerung voraus. Da schon heute so Scheffer eine etwa dreißigprozentige Überversorgung mit Nahrung existiere und weitere Ertragssteigerungen um etwa 1 Dezitonne pro Jahr im Getreidebau zu erwarten seien könne man Fläche für den Energiepflanzenanbau nutzen.
Unser Fleischkonsum müsse sich aus gesundheitlicher Sicht ohnehin reduzieren, die Hälfte (Heute verbraucht jeder Einwohner etwa 100kg pro Jahr) sei genug. Optimistisch gibt sich der Referent was den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel angeht: „Warum sollte es nicht gelingen, resistente Pflanzen zu züchten und viele Kulturpflanzen der Zukunft kennen wir noch gar nicht, ein Unkraut ist eine noch nicht entdeckte Nutzpflanze“ so Scheffer in seinem Vortrag.
Leider habe man im sonst sehr guten EEG (Das Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien) keine ökologische Komponente eingebaut. Als Folge davon habe der Maisanbau in manchen Regionen ein Ausmaß erreicht, dass gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert werde.Scheffer schlug vor, als Vorkultur von Mais ein Gemisch aus Wintererbsen und Roggen anzubauen und dann nach der Ernte als Nachsaat Mais mit Sonnenblumen für die Biogaserzeugung. Bilder untermauerten die Schönheit des Vorschlags für den Blick des Betrachters. Das Konzept Biogaserzeugung mehr als heute mit der Gewinnung von festen Brennstoffen zur Wärmeproduktion zu verbinden funktioniere schon in einigen Pilotanlagen. Insgesamt sei sein Konzept realisierbar, brauche aber auch die Unterstützung durch den politischen Willen.
Alles nur Romantik?
Heftigen Widerspruch erntete Scheffer durch die Podiumsteilnehmer, besonders Hermann Lenz Schweinemäster aus Groß Pretzier hielt das Konzept von Scheffer für reine Romantik. Gegen die Kräfte des Marktes sei keine Landwirtschaft zu machen. Schließlich konkurriere man mit Landwirten in aller Welt, die meist zu wesentlich geringeren Kosten produzieren könnten als in Deutschland. Landwirt Schulz vom Immenhof, selbst Betreiber einer Biogasanlage auf der Basis von Mais, bezweifelt, ob es möglich sei zur Brutzeit der meisten Vögel das Erben-Roggengemisch abzuernten, außerdem fehle es im Landkreis an Wasser und Beregnung zum Zwecke des Energiepflanzenanbau halte er nicht für vertretbar. In der weiteren Diskussion ging es vor allem um die Frage, ob es ethisch vertretbar sei, dass deutsche Schweinefleischproduzenten rechnerisch Millionen Hektar Fläche in Südamerika
für den Sojaanbau nutzen.
Auch die Position, dass ökologischer Landbau kaum zu vertreten sei, da angesichts der Welternährungslage maximale Flächenerträge in Europa wichtig seien fand im Laufe des Abends Erwähnung.
Sicher konnte die Frage, ob Scheffers Konzept umsetzbar sei an diesem Abend nicht beantwortet werden. Seine Thesen gaben aber viel Diskussionsstoff über die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland und in unserer Region. Die Reihe Ebstorfer Gespräche wird angesichts des großen Interesses und der interessanten Diskussionen sicher fortgesetzt. Man kann schon auf die nächsten Themen gespannt sein.
Reinhard Klepsch
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